Story

«Ich fühle mich wie Superwoman»

Inspirierend und einzigartig sind nicht nur die handgefertigten Kleider von Manusha Sakica, sondern auch ihre Geschichte ist es. Die Modedesignerin aus Kriens zeigt mit viel Engagement und Leidenschaft, dass Mode auch anders geht.


Text: Daniela Barmettler / Bild: Christoph Arnet
Erschienen in der Luga-Zytig, 21. April 2022

Manusha Sakica hantiert in ihrem Atelier in Luzern: Tische umstellen, Stoffrollen sortieren und Kleidungsstücke farblich ordnen. Die 33-jährige Designerin hat vor wenigen Monaten ihr neues Atelier mit integriertem Shop bezogen. «Das meiste Mobiliar habe ich aus dem Broki oder von Tutti zusammengestellt», sagt sie sichtlich stolz. Das brauchte etwas mehr Zeit als erwartet, doch bald soll alles fertig sein. Man spürt aber schon die herzliche Atmosphäre im Atelier und fühlt sich willkommen. «Mein Atelier ist für alle offen. Hier soll man meine Kollektionen anfassen und anprobieren können. Nur so entsteht ein Bezug zu den Kleidern und meinem Handwerk», erklärt Manusha mit viel Enthusiasmus. Für sie als Designerin sei der persönliche Kontakt unersetzlich. «Ich muss die Menschen spüren, um sie fachmännisch zu beraten», ergänzt sie. Aus diesem Grund führt Manusha keinen Onlineshop. 

Den eigenen Weg gehen

Bei Manusha Sakica ist alles ein bisschen anders: ihr Weg zur Designerin, ihr Handwerk, ihre Kleidungsstücke, ihr Atelier und ihre Einstellung. «Ich pfeife auf Normen», sagt die 33-Jährige, ohne dabei überheblich zu wirken. Um zu verstehen, wie es dazu kam, werfen wir einen Blick auf die Geschichte von Manusha Sakica. 

Manusha wurde im Kosovo geboren und kam mit sieben Jahren mit ihrer Familie in die Schweiz. Für sie war bereits zu dieser Zeit klar: Ich will Kleider designen. Mit diesem Ziel vor Augen absolvierte sie eine Lehre als Schneiderin und studierte anschliessend Modedesign in Zürich. Während die meisten Studienabgängerinnen und -abgänger ein Praktikum bei berühmten Designern machten, begann Manusha, selber Kollektionen zu entwerfen. «Ich wollte nicht für wenig Geld und unter viel Druck das machen, was schon alle machten. Ich wäre nur eine unter vielen geworden», sagt Manusha. So suchte sie Stoffresten zusammen und entwarf ihre ersten Kollektionen – ohne Gren- zen, ohne Regeln, voller Kreativität und Freiheit. «Ich habe einfach umgesetzt, was in mir steckte. Ich wollte Freude schaffen und Mode auf eine andere Art und Weise zeigen», erzählt die Designerin. Und das fand Anklang: Nach einer Modeschau im Neubad in Luzern konnte sie ihre ersten Stücke im Jahr 2014 unter ihrem Label MANUSHA in der luzernischen Boutique Mai verkaufen.


–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

«Ich habe einfach umgesetzt, was in mir steckte. Ich wollte Freude schaffen und Mode auf eine andere Art und Weise zeigen.»

Manusha Sakica

–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––


Inspirierende Kindheit

Doch woher kommt diese Leidenschaft? Manushas Kindheit im Kosovo war geprägt vom Handwerk. «Wir haben vieles selber hergestellt. Meine Grossmutter hat Wolle gesponnen und meine Tanten und Cousinen kamen oft zu uns, um gemeinsam zu stricken und zu nähen», erinnert sich Ma- nusha. Sie war damals ein kleines Mädchen und habe das Gesellschaftliche sehr geschätzt. «Ich spüre noch heute, wie schön es war, wenn das Haus voller Menschen war, die zusammen etwas erschaffen.» Diese Kleidungsstücke habe man dann von Generation zu Generation vererbt, denn: «Wegschmeissen, das gab es bei uns nicht.» 

Besonders ihre Tante hatte ein einzigartiges Flair für Stoffe und das Nähhandwerk, erzählt Manusha: «Sie hat Kleider geschaffen, die so waren, wie ich mich fühlte. Sie hat mir beigebracht, zu mir selbst zu stehen, auch wenn es manchmal nicht der Norm entspricht.» 

Selbstbewusstsein stärken

«Bei der Mode spielt es keine Rolle, woher du kommst. Sie verbindet Kultur, Zeit und Geschichte», erzählt die Krienserin. Davon lässt sie sich inspirieren. «Für die Entstehung meiner Kleider nehme ich mir viel Zeit. Ich höre, was der Stoff will. Manchmal rede ich sogar mit ihm», sagt sie schmunzelnd. 

Mit ihren Kleidern will Manusha das Selbstbewusstsein stärken, Mut beleben, wie sie sagt: «Wir überlegen uns doch jeden Tag, was wir anziehen. Mit unseren Kleidern sollten wir uns fühlen wie Superwoman und denken: Heute reisse ich alles.»
Wer nun denkt, Manushas Mode sei schrill und wild, täuscht sich. Sie selbst nennt ihren Stil «Simplizismus» – elegant und schlicht mit einem prägnanten Detail. Und: nachhaltig. Manusha arbeitet hauptsächlich mit Restbeständen. «Ich sammle Stoffe zum Beispiel von Überproduktionen oder von Projekten, die nicht umgesetzt werden können», erklärt sie. Somit sind all ihre Stücke limitiert. Es gibt so viele, wie der Stoff hergibt. Müssen Stoffe gekauft werden, dann sind es nur zertifizierte Biostoffe. 

Neues entwerfen, zuschneiden und das erste Stück nähen – all das macht Manusha jeweils selber in ihrem Atelier. Anschliessend ist sie für mehrere Wochen im Kosovo und näht zusammen mit Schneiderinnen in einem kleinen Atelier die Kollektion. Für Manusha ganz wichtig, wie sie sagt: «Ich will den Frauen im Kosovo ein Stück Unabhängigkeit geben. Zudem ist es immer wieder eine schöne Erinnerung an meine Kindheit.» 

Ein hartes Business

«Ich wünsche mir, dass wir die Wertigkeit von Produkten und die Liebe zum Handwerk wieder schätzen lernen. Wir sind so gut und schnell mit Wegschmeissen», betont Manusha. Und dafür geht Manusha ihren eigenen Weg und gerne die Extrameile. Sie arbeitet Teilzeit im Verkauf. «Das gibt mir die Freiheit, das zu machen, was ich will.» Und was das ist, das weiss Manusha ganz genau: «Ich möchte die Welt ein bisschen besser machen», sagt sie nachdenklich und fügt dann mit einem herzlichen Lachen hinzu: «Ich weiss, ich bin ein bisschen utopisch.» 

......................................................................................................................................................................

An der Luga

Entdecken Sie in den Pop-up Stores kleine, innovative und noch wenig bekannte Läden und Marken. Manusha ist am 30. April und 1. Mai 2022 vor Ort.
> zum Profil der Pop-up Stores «klein und fein»
......................................................................................................................................................................